Was macht ein Haushaltsgerät „smart“? In einer Zeit, in der Kühlschränke im Netz surfen können, überbieten sich die Hersteller mit immer neuen Funktionen, hinter denen sich mitunter nur billige Marketingtricks verbergen. Es ist klar: Auch vor den Kaffeevollautomaten macht diese Entwicklung nicht halt.
Auch Melitta mischt mit und versucht sich mit dem Caffeo Barista TS Smart an einem ambitionierten Vollautomaten mit App-Steuerung. An dieser smarten Ergänzung sind bisher viele Hersteller krachend gescheitert.
Melittas Idee ist nicht dumm und zeigt einmal mehr, dass die Marke trotz aller „Gemütlichkeit“ beim Image ganz vorne mitspielen will. Dafür müssen Sie zwar ein paar Marketing-Gags ignorieren, doch die Maschine überzeugt uns dennoch.
Erster Eindruck und Haptik – Hochwertig und zeitlos
Lediglich der Milchbehälter wirkt etwas wie ein Fremdkörper, da Sie diesen einzeln neben die Maschine stellen. Das erleichtert Ihnen zwar die Bedienung, stört jedoch etwas den kompakten Eindruck. Pluspunkte gibt es wiederum für das große TFT-Display.
Haptisch haben wir ebenfalls kaum etwas auszusetzen. Jedes Bauteil sitzt fest an seinem Platz und wirkt solide. Verarbeitungsmängel? Fehlanzeige!
Das Mahlwerk – Noch nicht ganz durchdacht
Ein toller Service sind auch die zwei getrennten Bohnenkammern. So sind Sie bei der Wahl Ihrer Kaffeebohnen wesentlich flexibler. Allerdings fallen die Bohnen dennoch immer ins selbe Mahlwerk, die „Trennung“ ist also nie perfekt.
Doch Melitta hat sich hier etwas ausgedacht: Das Mahlwerk verarbeitet einen Schwung Bohnen komplett, bevor neue Bohnen zwischen die Kegel gelassen werden. Das klappt zwar nie hundertprozentig, ist aber wesentlich besser als nichts. Angenehmer Nebeneffekt: Bleibt weniger Pulver im Mahlwerk, sinkt auch die Schimmelgefahr.
Vom sklavischen Glauben an ein Kaffeefach für vorgemahlenes Pulver ist indes auch Melitta nicht abzubringen. Wir raten Ihnen, nur frisch gemahlene Bohnen zu verwenden, da fertiges Pulver in kürzester Zeit an Aroma verliert. Die unglückliche Platzierung in der Nähe der Brühgruppe sorgt außerdem für ein feuchtwarmes Mikroklima, in dem sich Schimmel schnell ausbreiten kann.
Insgesamt kann der Barista TS Smart ein paar ziemlich gute Argumente in die Waagschale werfen. Neben dem fancy betitelten „Auto Empty Grinding“ gibt es auch noch eine „Intense Aroma Funktion“.
Dies ist nichts weiter als eine Preinfusion, bei der das Kaffeepulver vor der Extraktion angefeuchtet wird. So entfalten sich die Aromen besser. Für einen Kaffeevollautomaten dieser Preisklasse ist das eigentlich Standard, aber für Melitta ist es eine Gelegenheit, die Kundschaft im besten Denglisch zu bezirzen.
Bedienung und App-Steuerung – Highlight und Schwäche zugleich
Die große Getränkeauswahl ist auf jeden Fall ein klares Plus. 21 Kaffeevariationen stehen Ihnen zur Auswahl, zusätzlich können Sie Ihre persönlichen Einstellungen in bis zu acht Profilen speichern. Diese bleiben auch dann erhalten, wenn Sie den Netzstecker ziehen. Das ist keineswegs Standard und damit ein Punkt für Melitta.
Rein optisch macht das riesige Touchdisplay sofort Lust darauf, den Vollautomaten zu bedienen. Die Bedienfelder sind zwar minimalistisch, aber sofort nachvollziehbar und verständlich.
Das Ganze funktioniert an sich auch problemlos, allerdings werden Sie feststellen, dass die wichtigen Ersteinstellungen darüber nicht möglich sind.
Das gilt zum Beispiel für die Auswahl der Kaffee- und Milchschaummenge. Für uns (und viele hochwertige Vollautomaten) ist es selbstverständlich, dass Sie diese beiden Punkte getrennt regeln können. Schließlich hat der Wunsch nach einem kräftigen Espressoschub im Cappuccino nichts mit der Milchschaummenge zu tun.
Doch über das Schnellmenü am Melitta-Display lautet die Devise: Wer mehr Kaffee will, muss auch mehr Milchschaum in Kauf nehmen. Es gibt keinerlei Grund, diese Faktoren zu verknüpfen! Ihre Tasse wächst bei solchen Einstellungen schließlich auch nicht mit.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Melitta Barista in der Grundeinstellung vergleichsweise viel Kaffee für jeden Bezug nutzt.
Das mag geschmacklich viele erfreuen, doch in der Praxis bedeutet dies, dass mehr Kaffeepulver im Inneren der Maschine landet, von wo Sie es umständlich entfernen müssen. Die hohe Bekrümelung im Test zeigt: Auch wenn das Mahlwerk mehr Kaffee auf einmal liefert, kann die Brühgruppe es nicht vollständig aufnehmen.
Würde die Bedienung allein über das Display funktionieren, hätte der Melitta Barista Smart keine Chancen auf eine hohe Bewertung.
Die App – Helfer in der Not
Doch ausgerechnet die App ist hier der Retter in der Not – also ein Feature, das wir normalerweise als nette Ergänzung abtun. Jede Einstellung, die uns bei der Bedienung am Display frustriert hat, gelingt über die App spielend einfach. In den aufgeräumten Menüs finden Sie praktisch sofort alle wichtigen Einstellmöglichkeiten. Die Oberfläche ist intuitiv gestaltet und lässt kaum Fragen offen.
Wir würden sogar so weit gehen, diesen Vollautomaten (zumindest in der Erstkalibrierung) fast ausschließlich über die App zu steuern. Denn sie funktioniert tatsächlich überragend und hat echten Vorbildcharakter. Der Namenszusatz „Smart“ ist also mehr als verdient – auch wenn wir uns fragen, warum die reine Maschinenbedienung nicht ebenso clever ist.
Andererseits gilt aber auch: Für den Alltagsbetrieb ist das Touch-Display genauso brauchbar wie die App. Für die feinteiligen Kalibrierungen empfehlen wir Ihnen jedoch den Griff zum Smartphone.
Kaffee und Milchschaum – Guter Espresso, hervorragender Milchschaum
Der Vollautomat imitiert den typischen Espressostil aus einer Siebträgermaschine nicht so stark wie andere Geräte, sondern bringt ein etwas anderes Aroma ins Spiel, das wir sehr gelungen finden. Gemessen an den üblichen Standards eines Kaffeevollautomaten können Sie mit den Ergebnissen mehr als zufrieden sein.
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Der Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Melitta Caffeo Barista TS Smart.
Täglich frisch geröstet
Schokoladiges Aroma
Fair gehandelt
Für Espresso, Kaffee & Milchgetränke
Wenn Sie wissen wollen, welcher Vollautomat den Espresso aus dem Siebträger am besten imitieren kann, lernen Sie den DeLonghi PrimaDonna Class kennen.
Sogar noch besser als der Kaffee gefällt uns der Milchschaum aus dem Caffeo Barista TS Smart. Er geht zwar eindeutig in die festere Richtung, eignet sich aber deswegen hervorragend für Latte Macchiato und Co. Temperatur, Konsistenz und Gesamteindruck stimmen. Nur die wenigsten können sich im Kaffeevollautomaten-Test mit den Ergebnissen des Melitta messen, weswegen wir das Gerät zum Sieger in der Kategorie „Milchschaum“ küren.
Reinigung – Sehr einfach mit kleinem Aber
Alle wichtigen Bauteile – inklusive Wassertank, Brühgruppe und Tresterbehälter – können Sie sehr unkompliziert entnehmen und unter fließendem Wasser abspülen. Oder Sie packen diese einfach in die Spülmaschine.
Der Melitta-Kaffeeautomat legt Ihnen bei der Reinigung meist keine unnötigen Hindernisse in den Weg – mit einer Ausnahme: Den Pulverschacht für vorgemahlenes Kaffeepulver erreichen Sie per Hand leider nur schwer. Noch ein Grund mehr, lieber stets auf frische Kaffeebohnen zu setzen.
Unser Fazit: Smart, schön und lecker
Auch Espresso und Milchschaum gelingen auf hohem Niveau. Gerade letzterer ist so gut, dass der Kaffeevollautomat in diesem Punkt sogar den Kategorie-Sieg im großen Vergleich mitnimmt.
Beim Espresso muss er sich jedoch einem anderen Modell geschlagen geben. Warum, lesen Sie im DeLonghi PrimaDonna Class Test.
Zusammen mit der hochwertigen Verarbeitung, der einfachen Reinigung und den vielen Kaffeespielarten ergibt sich ein äußerst stimmiges Gesamtbild, das uns überzeugt.
Unsere Kritikpunkte beschränken sich zumeist auf Kleinigkeiten wie den etwas verloren wirkenden Milchbehälter oder den ungeschickt designten Pulverschacht. Größtes Manko ist die Ersteinstellung über das Display. Nutzen Sie stattdessen am besten einfach die App, denn so machen Sie es wirklich smart! Vielleicht hat Melitta das damit gemeint?
Alle Fotos zu diesem Test wurden uns mit freundlicher Genehmigung von Sonntagmorgen.com zur Verfügung gestellt.